Influencer Marketing – der Hype um die Grauzone

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Influencer Marketing – Teil 1: Uneinigkeit in der Rechtsprechung

Influencer Marketing Teil 2: Die Form der Kennzeichnung

Influencer Marketing Teil 3: Der Gesetzesvorschlag der Bundesregierung

Was haben die Lochis, Dagi Bee oder Julienco, was Herrn Kaiser, Thomas Gottschalk und dem Marlboro-Mann schon lange abhandengekommen ist? Sie gelten als sog. »Influencer«. Also als Menschen, die auf Social Media-Plattformen wie YouTube, Instagram oder auch Facebook über besonders viele Abonnenten und »Follower« verfügen. YouTube-Stars wie die Lochis, Bibi, Dagi Bee oder Julienco kennt in der Generation U20 jeder. Sie begannen sprichwörtlich im eigenen Wohnzimmer und verkörpern für viele ihrer Anhänger immer noch die Unbekümmertheit und Authentizität der Anfangsjahre. Aber nicht nur die Großen, auch manch sog. Mikro-Influencer steht auf der Wunschliste von Werbern und Marketingexperten ganz oben. Mikro-Influencer besitzen eine vergleichsweise geringe Reichweite von ca. 5.000 Followern. Oft beackern sie Special Interest-Themen für eine kleine, aber eingeschworene Gemeinde. Auch sie verkörpern, wonach Werbung giert: Glaubwürdigkeit.

Wen wundert es, dass Influencer Marketing immer mehr zum Hype stilisiert wird? Influencer Marketing ist Empfehlungsmarketing 2.0. Es erreicht ein Publikum, an das mit klassischer Werbung und dank Werbeblockern auch mit Internetwerbung immer schwerer heranzukommen ist. Beim Influencer Marketing benutzen oder präsentieren die Internetstars Markenprodukte im Rahmen ihrer Social Media-Auftritte. Die Produkte haben sie zu diesem Zweck kostenlos vom Hersteller erhalten, wenn sie nicht gleich ein Honorar für die Präsentation einstreichen. So etwas nennt man Produktplatzierung, oder aber gleich und direkt: Werbung. Die ist nicht verboten, man muss sie nur als solche kenntlich machen. Auch im Internet, auch auf Social Media-Plattformen. Entgegen landläufiger Ansicht handelt es sich hierbei nicht um eine rechtliche Grauzone, in der quasi »alles geht«.

Beim Influencer Marketing sind vor allem der Grundsatz der Trennung von Werbung und redaktionellem Teil und die Verbote getarnter Werbung in § 5a Abs. 6 UWG, § 6 TMG und §§ 58, 7 RStV[1] zu beachten. Die Landesmedienanstalten haben einen Leitfaden zur Werbung in sozialen Medien herausgegeben (abrufbar unter: http://www.bremische-landesmedienanstalt.de/uploads/Aufsicht/FAQ-Flyer_Werbung_Social_Media.pdf). Er enthält eine Reihe von Tipps zur Kennzeichnung von Produktpräsentationen und Werbung in den sozialen Medien.

Generell gilt, dass aus Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Adressaten kein Zweifel am kommerziellen oder werblichen Zweck eines Beitrags bestehen darf, er muss vielmehr auf den ersten Blick hervortreten.[2] Der kommerzielle bzw. werbliche Charakter eines Beitrags kann sich schon aus den unmittelbaren Umständen ergeben, etwa bei einer Präsentation auf der Homepage oder dem Facebook-Auftritt eines Unternehmens, oder im Rahmen einer offensichtlich gesponserten Veranstaltung.[3] Auch hierbei muss er aber auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar sein. Es reicht nicht aus, wenn er für einen Durchschnittsbetrachter erst nach einer analysierenden Betrachtung bzw. der vertieften Lektüre eines Beitrags erkennbar wird[4].

Ergibt sich der kommerzielle Zweck eines Beitrags nicht bereits aus den Umständen, so bedarf es einer klaren, keinen Zweifel aufkommen lassenden Kenntlichmachung. Hieran fehlte es etwa bei drei Videos des Fitness- und Kampfsport-YouTubers »Flying Uwe«. Er bewarb hierin Produkte einer Firma, an der er selbst beteiligt war. Die Medienanstalt Hamburg Schleswig-Holstein (MA HSH) sah in den Videos eine Dauerwerbesendung und vermisste eine entsprechende Kennzeichnung. Sie verdonnerte »Flying Uwe« zu einem Bußgeld. Besonders strikt war das Kammergericht (KG) in einem Eilverfahren bzgl. des Instagram-Auftritts einer sog. Influencerin. Diese postete Beiträge zu den Themen Fitness und ihrer Tätigkeit als Model, wobei sie Markenprodukte präsentierte und dies mit Verlinkungen auf Internetauftritte entsprechender Unternehmen versah. Das KG bejahte den Tatbestand getarnter Werbung, weil die Antragsgegnerin nach Einschätzung des Senats »hierfür mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, wenn nicht Geldzahlungen, so doch geldwerte Vorteile, wie z. B. Rabatte oder Zugaben erhält (…), und sei es auch nur (…) durch kostenlose Überlassung der präsentierten Produkte«. Zwar sei es nicht gänzlich ausgeschlossen, dass dies aus reiner Produktbegeisterung und Mitteilungsbedürfnis heraus geschehe, dies sei aber »doch in einem solchen Ausmaß unwahrscheinlich, dass hier eine Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes« geboten sei[5].

Das OLG Celle sah die Kennzeichnung von Werbung eines Influencers für eine Drogeriekette bei Instagram durch den Hashtag #ad nicht als ausreichend an, wenn er sich am Ende des Beitrags und dort an zweiter Stelle von insgesamt sechs Hashtags befindet. Inwieweit die Verwendung des Hashtags #ad überhaupt geeignet ist, einen Beitrag in sozialen Medien als Werbung zu kennzeichnen, ließ das OLG Celle zwar ausdrücklich offen.[6] Das Berliner Kammergericht (KG) jedoch erachtet Hashtags wie »#sponsoredby« und »#ad« generell nicht als ausreichend, um Werbung für Modeartikel und Kosmetika in einem Instagram-Auftritt zu kennzeichnen.[7] Der aktuelle Leitfaden der Medienanstalten rät ebenso von Kennzeichnungen wie »#ad«, »#sponsored by« oder »#powered by« ab und empfiehlt Begriffe wie »Werbung« oder »Anzeige« bzw. vorne platzierte und deutlich sichtbare Hashtags wie »#werbung« oder »#anzeige«.[8] Eine Kennzeichnung als Anzeige oder Werbung kann bei Posts eines Influencers auf einer Social Media-Plattform in einer eindeutigen und leicht erkennbaren Bildunterschrift erfolgen, bei einem Video in Form einer deutlich sichtbaren Einblendung. Unter Umständen langt auch ein klarer Hinweis des Influencers selbst auf den Werbecharakter seiner Präsentation.[9] Maßgeblich sind letztlich immer die konkreten Aspekte des Einzelfalls, insbesondere, wie die Werbung einem durchschnittlichen Adressaten gegenübertritt. Es langt nicht, dass er Werbung als solche erst nach einer analysierenden Betrachtung eines Beitrags oder gar nach einer längeren Recherche erkennt. Dies gilt online genauso wie offline. Von einer rechtlichen Grauzone kann daher keine Rede sein, allenfalls von einer noch nicht in allen Einzelheiten gefestigten Rechtsprechung.

[1] Z.B. für YouTube-Videos, vgl. Henning-Bodewig WRP 2017, 1415, 1416.

[2] OLG Celle WRP 2017, 1236, 1237; KG, Urt. v. 17.10.2017, Az. 5 W 233/17 = CR 2018, 182; KG, Urt. v. 11.10.2017, Az. 5 W 221/17, Rn. 13 = WRP 2018, 98.

[3] Lehmann WRP 2017, 772, 774; Henning-Bodewig WRP 2017, 1415, 1418.

[4] KG, Beschl. v. 17.10.2017, Az. 5 W 233/17 = CR 2018, 182; KG, Beschl. v. 11.10.2017, A W 221/17; OLG Celle WRP 2017, 1236, 1237.

[5] KG, Beschl. v. 17.10.2017, Az. 5 W 233/17 = CR 2018, 182.

[6] OLG Celle WRP 2017, 1236, 1237; als grds. ausreichend wird der Hashtag #ad angesehen von Fuchs/Hahn MMR 2016, 503, 506; Leeb, jurisPR-ITR 19/2017, Anm. 2; a. A.: KG, Urt. v. 11.10.2017, Az. 5 W 221/17, Rn. 14; Lehmann WRP 2017, 772, 774.

[7] KG, Urt. v. 11.10.2017, Az. 5 W 221/17, Rn. 14 = WRP 2018, 98.

[8] Vgl. Die Medienanstalten, Antworten auf Werbefragen in sozialen Medien, S. 5.

[9] Lehmann WRP 2017, 772, 775.

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