Das Exklusivinterview und die Homestory
Exklusivinterviews bieten die Gelegenheit, Prominente oder auch Mitarbeiter eines Unternehmens in einem günstigen Licht und vielleicht auch außerhalb einer geschäftlichen Tätigkeit zu präsentieren, z. B. im Rahmen einer exklusiven »Homestory«.
Solche »Homestories« bergen eine Verführung der besonderen Art: sich endlich mal so zu präsentieren, wie man eigentlich ist. Als (Erfolgs-)Mensch unter (Nichterfolgs-)Menschen sozusagen, zudem mit dem gewissen »human touch«. So etwas kann glücken, aber natürlich auch ganz furchtbar nach hinten losgehen. Wer erinnert sich nicht an den tragikomisch mit seiner neuen Flamme im Pool planschenden Verteidigungsminister Scharping? Kurz bevor seine Soldaten zum Einsatz nach Mazedonien aufbrachen und Bundeskanzler Schröder ihm die Entlassungsurkunde aushändigen ließ? Ganz schlechtes Timing. Mindestens.
Überhaupt – die »Homestory«: anlässlich eines Gerichtsprozesses versuchte der Reporter eines Boulevardblattes einmal, meinen Mandanten zu einem Exklusivportrait mit Gattin und Kind in den eigenen vier Wänden zu überreden. Mein Mandant wollte nicht. Das ließ der Reporter nicht auf sich sitzen. Er insistierte und erhöhte das Angebot. Es half nichts. Schließlich gab er auf, nicht ohne die Bemerkung, so etwas erlebe er selten. Die Leute seien immer ganz scharf auf »Homestories«. Er verabschiedete sich mit einem Augenzwinkern: »vielen ist gar nicht klar, worauf sie sich da einlassen«. Aus den Worten klang Hochachtung.
Zurück zum Thema: den rechtlichen Aspekten von Exklusivinterviews. Im Rahmen der Unternehmenskommunikation fristen Exklusivinterviews eher ein Nischendasein. Zum einen möchte die Presseabteilung Informationen meist möglichst breit streuen und nicht nur einem Presseorgan zukommen lassen. Zum anderen haben auch die Medien den Fokus nicht derart auf ein Unternehmen gerichtet, dass sich ein längeres Interview mit nur einer Person wirklich lohnt. Es sei denn – Skandal, Skandal! –, es gibt etwas Außergewöhnliches zu berichten.
Wie schon im 1. Teil der Rechtlichen Aspekte bei Interviews erläutert, ist die Vereinbarung eines Interviews juristisch gesehen nichts anderes als ein Vertrag. Soll dieses Interview exklusiv erfolgen, muss eine Exklusivität ausdrücklich vereinbart werden. Diese ist dann aber auch einzuhalten. Zum Teil bieten Medien erhebliche Honorare für eine Exklusivitätsabrede, wie z. B. bei die Öffentlichkeit interessierenden Strafverfahren. Im Einzelfall kann eine solche Exklusivitätsvereinbarung helfen, die Kosten eines Prozesses zu finanzieren. Sie darf nur nicht der Prozessstrategie der Rechtsvertretung in die Quere kommen und muss frühzeitig abgestimmt werden. Wird eine Exklusivitätsvereinbarung verletzt, kann dies u. a. Schadensersatzansprüche, etwa auf entgangenen Gewinn, begründen[1].
Exklusivverträge mit Medien sind grds. möglich und auch rechtlich wirksam[2]. Ausnahmen können bei einer gesetzlichen Auskunftspflicht gegenüber den Medien bestehen, oder wenn sie im Einzelfall allgemein zugängliche Informationsquellen behindern und der Öffentlichkeit wichtige Informationen vorenthalten[3]. Dies ist nicht der Fall bei internen, dem privaten Bereich zuzuordnenden Informationen einer in einem Strafprozess angeklagten Person, über die sie alleine verfügungsbefugt ist. Solche Einblicke können Gegenstand einer Exklusivitätsabrede sein[4]. Unzulässig waren nach einem älteren Urteil des BGHKurzbezeichnung für Bundesgerichtshof More aber die Exklusivverträge einer Zeitschrift mit den geretteten Bergleuten des Grubenunglücks von Lengede aus dem Jahr 1963. Hierdurch werde die einzige Informationsquelle über ein die Öffentlichkeit erheblich interessierendes Ereignis verstopft[5].
Auch wenn eine Exklusivvereinbarung grds. nur die Vertragspartner bindet, kann sie im Rahmen einer gebotenen Interessenabwägung auch im Verhältnis zu Dritten berücksichtigt werden. So z. B. bei der Frage, ob eine Berichterstattung Dritter unter Verwendung von urheberrechtlich geschützten Werken (z. B. bei den Leistungsschutzrechten des Sendeunternehmens, §§ 87 ff. UrhG) oder von Teilen hieraus von der Berichterstattung über Tagesereignisse gemäß § 50 UrhG gedeckt ist. Gleiches gilt bei der im Rahmen des Zitatrechts gemäß § 51 UrhG gebotenen Interessenabwägung; hier kann Berücksichtigung finden, ob und in welchem Umfang die dem Rechteinhaber zustehenden Verwertungsmöglichkeiten beeinträchtigt werden[6].
Im Ergebnis können Exklusivverträge mit einem Medienanbieter ein sinnvolles Instrument der Außenkommunikation sein. Ihre Vor- und Nachteile müssen auf den konkreten Fall bezogen abgewogen werden. Exklusivität muss vertraglich extra vereinbart, dann aber auch beachtet werden. Unter Umständen kann eine Exklusivitätsvereinbarung im Rahmen einer Gesamtabwägung sogar gegenüber Dritten eine gewisse Wirkung entfalten.
[1] OLGKurzbezeichnung für Oberlandesgericht More Frankfurt a.M., Urt. v. 24.3.1998, Az. 14 U 63/97.
[2] OLGKurzbezeichnung für Oberlandesgericht More Frankfurt a.M., Urt. v. 24.3.1998, Az. 14 U 63/97; OLGKurzbezeichnung für Oberlandesgericht More Hamburg, Beschl. v. 3.12.1997, Az. 3 U 233/95; OLGKurzbezeichnung für Oberlandesgericht More München, Urt. v. 20.12.1979, Az. 6 U 3430/79 = AfP 1981, 347.
[3] Unverzagt/Gips, Handbuch PR-Recht, S. 493.
[4] OLGKurzbezeichnung für Oberlandesgericht More Frankfurt a.M., Urt. v. 24.3.1998, Az. 14 U 63/97; OLGKurzbezeichnung für Oberlandesgericht More Hamburg, Beschl. v. 3.12.1997, Az. 3 U 233/95.
[5] BGHKurzbezeichnung für Bundesgerichtshof More GRUR 1968, 210, zitiert nach Ricker/Weberling, Handbuch des Presserechts, 6. Aufl., S. 49.
[6] BGHKurzbezeichnung für Bundesgerichtshof More, Urt. v. 17.12.2015, Az. I ZR 69/14, Rn. 20, 33 – Exklusivinterview = NJW 2016, 2576.